Die magischen Kristalle (Märchen)
Dieses Märchen, manche würden es vielleicht auch als Fantasy Kurzgeschichte bezeichnen, handelt von den Zwillingen Camina und Dorina, die zufällig auf die magischen Kristalle stoßen, was zu ungeahnten, dramatischen Folgen führt. Ein spannendes Märchen in dem der ständige Kampf zwischen Gut und Böse erneut ausgetragen wird.
Eine relativ lange Kurzgeschichte für Mädchen und Jungen, aber auch für Erwachsene ist es ein spannendes Märchen, dass ihr sonst nirgendwo findet, da ich mir die Geschichte ausgedacht habe. Es kann natürlich auch als Gute-Nacht Geschichte vorgelesen werden.
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Natürlich dürft ihr, liebe Eltern und Großeltern, Kinder, Geschwister und Freunde dieses Märchen vorlesen und/oder ausdrucken (kostenlos). Dafür ist es ja da :-) Viel Spaß!!!
Kinderbuch schreiben lassen? Ihr habt eine tolle Idee für eine Geschichte und / oder wolltest schon immer mal ein individuelles Buch haben? Dann könnt ihr euch professionell ein Kinderbuch schreiben lassen.
Die magischen Kristalle
Es war einmal ein Geschwisterpaar, das lebte mit seinen Eltern auf einem kleinen Bauernhof. Die Geschwister hießen Camina und Dorina und sie waren zudem Zwillinge. Gemeinsam bewirtschaftete die Familie tagein, tagaus die Felder, sie kümmerten sich um ihr Vieh und obwohl die Arbeit hart war, waren sie doch alle glücklich und zufrieden. Die beiden Zwillingsschwestern glichen sich, wie ein Ei dem Anderen und obwohl Dorina die Mutigere und Wildere von ihnen war und Camina etwas ruhiger und vorsichtiger, hatten beide ein Herz aus Gold. Sie waren ein Herz und eine Seele und immer füreinander da und waren sich so eng verbunden, wie es nur Zwillinge sein können.
An ihrem 16. Geburtstag gingen sie in den nahen Wald, dort wo er hügelig wurde, und mit vielen Felsen durchzogen war. Schon seit sie klein waren, hatten sie oft dort gespielt und nun, da sie langsam Frauen wurden, träumten sie gemeinsam davon, wie es wohl wäre, wenn je von ihnen eines Tages einen Ritter des Königs oder gar einen stattlichen Prinzen heiraten würden. Doch als sie heute zwischen den Felsen umherliefen war etwas anders als sonst, denn halb verborgen hinter einem Busch, erblickten sie eine schmale Öffnung in einem der Felsen, die es bisher noch nicht gegeben hatte.
„Sieh nur Camina“, rief Dorina aufgeregt, als sie sich der Öffnung näherten, „dort ist der Eingang zu einer Höhle. Der starke Regen der letzten Tage muss den Felsen ins Rutschen gebracht haben, der sie bisher verschlossen hat. Lass uns gleich hineingehen und schauen, was sich darin verbirgt.“ „Warte noch einen Moment, Dorina“, antwortete Camina vorsichtig. „Wir sollten erst überprüfen, ob nicht noch mehr Felsen locker sind und uns womöglich einschließen, wenn wir drinnen sind.“ So rüttelten sie also erst an allem, was den Eingang zum Einsturz bringen könnte, aber da alles fest zu sein schien, zwängten sie sich schließlich nacheinander durch die Öffnung.
Glücklicherweise war heute ein sonniger Tag, so dass das Tageslicht das Dunkel der Höhle zumindest teilweise erhellte. Sie war rund und hatte einen Durchmesser von ungefähr 10 Metern, während ihre Höhe knapp 4 Meter betrug. Ihre Wände bestanden ebenso wie der Boden und die Decke aus massivem Fels und auf den ersten Blick schien sich nichts Interessantes in der Höhle zu befinden. „Schade“, sagte Dorina etwas enttäuscht, „ich hatte gehofft, dass wir hier ein paar aufregende Dinge finden würden. Vielleicht das Skelett eines Bären, oder gar einen Schatz.“ „Ja, das hätte mir auch gefallen“, stimme Camina ihr zu, „aber ich finde die Höhle trotzdem aufregend. Sie ist auf jeden Fall ein gutes Versteck und vielleicht finden wir ja doch noch etwas.“
Ihre Augen begannen sich immer besser an das schwache Licht in der Höhle zu gewöhnen, so dass sie nun auch den hinteren Teil besser erkennen konnten. Plötzlich sahen sie beide gleichzeitig etwas funkeln, dass sich an der Rückwand der Höhle befand. „Sieh nur, Camina“, rief Dorina aufgeregt, „dort ist etwas.“ Sie traten näher und als sie davor standen stellte Camina erstaunt fest: „Das sind Kristalle. Zwei kleine Kristalle, die aus dem Fels zu wachsen scheinen.“ „Ja, sie sind vielleicht halb so groß, wie mein kleiner Finger und genauso schmal.“, ergänzte Dorina. „Einer schwarz und einer weiß, aber von der Form her sehen sie vollkommen gleich aus. Außerdem scheint es fast so, als würden sie von innen heraus leuchten. Ich glaube sogar eine Stimme zu hören, die mit mir redet. Du nicht auch Camina?“
Diese wusste, was ihre Schwester meinte. Während die Kristalle außen funkelten, weil sich das schwache Licht an ihnen brach, schienen sie außerdem noch zu schimmern und auch sie hatte das Gefühl, als würde eine fremde Stimme in ihrem Kopf leise etwas murmeln. Da sah sie, wie ihre Schwester langsam eine Hand nach dem schwarzen Kristall ausstreckte und rief: „Nicht, sei vorsichtig!“, doch es war schon zu spät. „Was soll denn schon passieren?“, erwiderte Dorina strahlend, während sie den schwarzen Kristall berührte. Sie nahm in zwischen Daumen und Zeigefinder und brach den Kristall dabei so leicht ab, als wenn man eine Blume pflücken würde. „Sie her“, sprach sie, „nichts ist passiert.“, während sie den schwarzen Kristall in ihre linke Hand legte, um ihn neugierig zu betrachten. „Er hat mir gesagt, dass ich ihn an mich nehmen soll, das habe ich in meinen Gedanken gehört. Ist er denn nicht wunderschön, wie er so leicht, aber dennoch kraftvoll schimmert?“
Camina, war nicht ganz wohl bei dem, was da gerade passiert war. Sie hatte zwar auch etwas in ihrem Kopf vernommen, aber für sie hatte sich das eher nach einer Warnung angehört. „ja, er ist wunderschön, aber das ist mir doch alles etwas unheimlich.“, erwiderte sie beunruhigt. „Kristalle, die sich in unsere Gedanken drängen und uns sagen, was wir tun sollen. Da muss Magie mit im Spiel sein und ich bin mir nicht sicher, ob diese gut oder böse ist. Lass uns lieber von hier verschwinden.“ „Also gut, Schwesterherz“, stimmte ihr Dorina mit einem breiten Grinsen zu, verlassen wir diesen unheimlichen Ort und gehen zurück nach Hause.“ Dann fing sie fröhlich an zu lachen, während sie den Kristall sorgfältig in ihre Tasche steckte. „Ja, ja, mach Dich ruhig über mich lustig“, protestierte Camina etwas gespielt, ehe auch sie zu lachen begann. „Ich bin eben lieber etwas vorsichtiger und das war schon etwas seltsam, was wir eben mit den Kristallen erlebt haben.“
„Mach Dir keine Sorgen, mir geht es gut“, beruhigte Dorina sie „und ich fühle mich auch nicht verhext und zaubern kann ich auch nicht, sonst wären wir schon längst zuhause, denn das habe ich mir eben gewünscht. Ich habe nämlich inzwischen riesigen Hunger.“ Da spürte auch Camina, wie ihr Magen knurrte und nach dem Stand der Sonne zu urteilen, musste es inzwischen schon später Nachmittag sein, so dass es kein Wunder war, dass sie so hungrig waren. Scheinbar hatte ihre Erkundung der Höhle viel länger gedauert als sie gedacht hatten.
Nach ihrer Heimkehr erzählten sie ihren Eltern von der Höhle und Dorina zeigte ihnen auch ihren schwarzen Kristall, wobei sie jedoch nichts von den Stimmen in ihren Köpfen erzählten, denn dann hätten ihre Eltern sie womöglich für verrückt gehalten. Am nächsten Tag knotete Dorina ihr neues Schmuckstück an einem Lederhalsband fest um sich dies danach sogleich um den Hals zu legen. Doch kaum hatte sich der schwarze Kristall in der Nähe ihres Herzens auf ihre Brust gelegt, begann eine Veränderung. Eine magische Kraft breitete sich über ihren ganzen Körper aus und begann sie zu vergiften. Ihre zuvor braunen Haare wurden plötzlich schwarz, wie die Nacht und schwarzes Blut strömte von nun an durch ihren Körper, während sich der schwarze Kristall untrennbar mit ihrer Haut verbunden hatte. Sie versuchte noch zu schreien, doch die Veränderungen ihres Körpers nahmen ihr alle Kraft, so dass sie schließlich bewusstlos zu Boden fiel.
In der Zwischenzeit hatte auch Camina gespürt, dass irgendetwas mit ihrer Zwillingsschwester geschah. So schnell sie konnte, eilte sie aus dem Garten hinauf in ihr gemeinsames Zimmer, wo sie Dorina reglos auf dem Boden liegend vorfand. „Dorina!“, rief sie, „was ist denn nur? So wach doch auf.“ Doch diese rührte sich nicht. Da fiel ihr Blick auf den schwarzen Kristall, der sich auf der Brust ihrer Schwester befand und versuchte ihn zu greifen und zu entfernen, doch dieser war inzwischen mit ihrem Brustkorb verwachsen, als wäre er selbst einer ihrer Knochen. Verzweiflung machte sich bei Camina breit und die Tränen rannen ihr über’ s Gesicht, als sie Dorina an den Schultern packte, um sie kräftig zu schütteln. „Bitte“, rief sie, „wach endlich auf. Verlass mich nicht.“ Da öffnete Dorina plötzlich ihre Augen.
Auch diese hatten nicht mehr ihren sanften Braunton, sondern waren tiefschwarz. Verwirrt richtete sie sich auf und blickte sich um. „Wo bin ich? Was ist geschehen?“, fragte sie mit einer ungewöhnlich harten und gealterten Stimme. „Du bist zu Hause, in unserem Zimmer und bist ohnmächtig geworden. Das muss alles mit diesem schwarzen Kristall zu tun haben. Da begann Dorina zu lächeln. Aber es war kein fröhliches, liebevolles Lächeln, sondern es war abgrundtief böse. „Dann hat es also endlich funktioniert“, rief sie triumphierend, während sie aufstand „und ich bin endlich frei.“ „Aber Dorina, was ist denn mit Dir?“, fragte Camina mit erschrockener Stimme. „Vergiss Dorina, das dumme Ding. Ihr Körper gehört jetzt mir“, sprach die Stimme aus Dorinas Körper und im nächsten Moment berührte sie den Kristall mit ihrer Hand, murmelte einen Zauberspruch und verschwand. Nur einen Augenblick später öffnete sich die Tür und ihre Eltern stürmten herein. Es waren nur wenige Sekunden vergangen, seitdem Dorina zu Boden gefallen war und nachdem sich ihre Eltern hektisch suchend im Zimmer umgesehen hatten, fragte ihre Mutter schließlich: „Camina, wo ist Dorina?“ „Fort, Mutter. Sie ist fort.“
*
Die nächsten Stunden hatten Camina und ihre Eltern damit zugebracht, den gesamten Hof und die Felder abzusuchen, nachdem Camina ihnen noch einmal genau erzählt hatte, was geschehen war. Doch Dorina blieb verschwunden. Schließlich beschloss das Mädchen noch einmal die Höhle aufzusuchen, in der sie am Tag zuvor die Kristalle entdeckt hatten. Sie ging in den Wald, fand die Höhle wieder und zwängte sich durch den Eingang. Auch diesmal mussten sich ihre Augen erst an das schwache Licht gewöhnen, doch da sie nun wusste, wo sie suchen musste, fand sie auf Anhieb die Stelle, an der sie gestern die beiden Kristalle entdeckt hatten.
Dort wo sich gestern noch der schwarze Kristall befunden hatte, erinnerte lediglich eine kleine, glatte Stelle im Fels daran, dass hier etwas abgebrochen war. Der weiße Kristall jedoch, schimmerte immer noch leicht und unberührt an der gleichen Stelle wie gestern. Als Camina näher trat, empfand sie ein zunehmendes Gefühl der Geborgenheit und erneut glaubte sie eine leise Stimme in ihrem Kopf zu vernehmen, die ihr freundlich und behutsam zuredete. „Vielleicht ist das ja keine gute Idee, wenn ich jetzt diesen weißen Kristall berühre“, dachte sie „und mit mir geschieht dann das Gleiche wie mit Dorina. Aber der Kristall scheint mich zu rufen und mir helfen zu wollen und da ich mir keinen anderen Rat weiß, werde ich das Risiko eingehen.“
Vorsichtig nahm sie den weißen Kristall zwischen Daumen und Zeigefinger und ohne Widerstand brach er ab. Um die Wirkung des Kristalls zu beschleunigen, nahm sie ihr eigenes Lederhalsband ab, befestigte den Kristall so, wie sie es bei Dorina gesehen hatte und streifte das Halsband über ihren Kopf. Innerlich sehr angespannt, befürchtete sie schon, dass womöglich etwas Schlimmes mit ihr geschehen könnte, doch der Kristall legte sich sanft auf die Haut über ihrer Brust und verband sich mit ihr leicht, wie ein Magnet. Zudem veränderte sich die Farbe ihrer braunen Haare in ein helles Blond, was sie jedoch selbst noch nicht sehen konnte.
„Du hast es getan.“, hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf, die sie nun deutlich verstehen konnte. „Das war die richtige Entscheidung.“
„Wer bist Du und was ist mit mir geschehen?“, fragte Camina erstaunt. „Warum bist Du in meinem Kopf?“
„Mein Name ist Isira und es ist mein Geist, der sich mit Dir verbunden hat, deshalb kannst Du mich in Deinen Gedanken hören.“
„Aber wie ist das möglich?“
„Mein Geist hat in diesem magischen Kristall geruht und als Du ihn abgebrochen hast und er sich in der Nähe Deines Herzens auf Deine Haut legte, konnte er den Weg in Deinen Körper finden.“
„Aber wieso ist das geschehen und war das bei meiner Schwester genauso?“, fragte Camina, die zusehends überraschter und verwirrter wurde.
„Das kann ich Dir gerne erklären“, beruhigte sie Isira mit sanfter Stimme. „Der schwarze Kristall enthält den Geist meiner Zwillingsschwester Sabenia, die vor langer Zeit, nach einem unglücklichen Ereignis, begann alles und jeden zu hassen, der glücklich war. Wir verfügen beide über starke, magische Kräfte und sie hat nun die Kontrolle über den Geist und den Körper Deiner Schwester übernommen, als diese den schwarzen Kristall auf ihre Brust legte. Ich werde gerne versuchen Dir zu helfen, Deine Schwester von ihr zu befreien und Sabenia für immer zu besiegen, denn nur dafür habe ich mich in diesem weißen Kristall eingeschlossen, so wie sie es im Schwarzen war.“
„Dann wirst Du mir also helfen, Dorina zurückzubekommen?“
„Ja, das schwöre ich Dir. Lass uns schnell zu ihr gehen.“
„Das geht nicht. Ich weiß nicht, wo sie ist.“
„Was ist denn geschehen?“
„Dorina, oder wohl eher Sabenia, hat etwas vor sich hin gemurmelt und dann waren sie verschwunden.“
„Dann hat sie den Destinationszauber angewandt. Man spricht den Zauberspruch und sagt oder denkt dabei an den Ort, an den man gelangen möchte und es dauert kaum länger als ein Blinzeln, bevor man dort auftaucht. Hast Du gehört, welchen Ort sie genannt hat?“
„Nein, leider nicht.“
„Schade, aber es gibt eine andere Möglichkeit sie zu finden. Hast Du vielleicht etwas von Deiner Schwester dabei? Etwas, das sie einmal besessen hat?“
Camina dachte kurz nach. „Nicht direkt,“ sagte sie, „aber mein Armband, das hat sie für mich gemacht“ und dabei deutete sie auf ihr linkes Handgelenk.
„Das wird genügen,“ erwiderte Isira zufrieden. „Ich möchte Dich nicht kontrollieren, wie es Sabenia mit Deiner Schwester tut, aber würdest Du das Armband bitte an den Kristall halten?“
Camina befolgte Isiras Wunsch nur allzu gerne, denn sie würde alles tun, um ihre geliebte Schwester zurückzubekommen. Sie hielt das Armband an den weißen Kristall, der sogleich hell aufleuchtete, und im nächsten Augenblick hörte sie auch schon, wie Isira einen Zauberspruch aufsagte.
„Kristall der Du so mächtig bist,
komm zeig mir, wo Dorina ist.“
Nun begann die Luft vor Caminas Augen zu flimmern und etwas zu zeigen, bis schließlich ein klares Bild von Dorina erschien. Sie saß auf einem prächtigen Thron, trug eine Krone und war gekleidet wie eine Königin. Um ihren Hals trug sie, deutlich sichtbar, den schwarzen Kristall. Doch ihre Augen waren schwarz und ihr Blick kalt und verachtend. Das war nicht Dorina, das war Sabenia.
Sie war umgeben von den Soldaten ihrer Leibgarde, die mit finsterem Blick die Besucher anstarrten, die sich im Thronsaal eingefunden hatten. Es handelte sich dabei um zahlreiche Edelleute, die ängstlich ihre neue Königin musterten. Dann hörte man Sabenias Stimme, die laut und deutlich zu den Anwesenden sprach: „Ich bin Sabenia, eure neue Königin. Schwört mir eure Treue und es wird euch gut gehen.“ „Aber was ist denn mit unserem König geschehen?“, rief ein scheinbar etwas mutigerer, junger Edelmann. „Wir wollen ihn zurückhaben und nicht euch, ihr Hexe!“
„Nun, er wollte sich mir nicht unterwerfen und nun ist er im Kerker“, erwiderte Sabenia, „und wenn Ihr ein Problem damit habt, dann könnt ihr ihm gerne Gesellschaft leisten“, ergänzte sie mit einem bedrohlichen Unterton in der Stimme. „Wachen“, rief sie, „ergreift ihn.“
*
„Ich weiß, wo sie ist“, hörte Camina plötzlich Isiras Stimme in ihrem Geist. „Das ist die große Burg in der Nähe unserer Heimat. Sie hat die Wachen und Soldaten mit einem Fluch belegt und so den König gestürzt. Scheinbar hat sie nach ihrem Verschwinden keine Zeit verloren und wenn sie nun die ganzen Grafen und anderen Edelleute ihr die Treue schwören lässt, dann werden wir sie kaum noch aufhalten können.“
„Aber ist ein erzwungener Schwur denn nicht unverbindlich?“, fragte Camina, die von dem, was sie gesehen hatte, immer noch ganz verwirrt war.
„Nur, wenn er durch einen Zauber ausgelöst wurde, aber nicht, wenn er aus Angst geleistet wurde“, erklärte ihr Isira. „Sie werden alle den schwarzen Kristall berühren und auf ihn schwören müssen. Danach werden sie ihr treu ergeben sein, allein schon durch die Magie des Kristalls. So wird es kaum noch möglich sein meine Schwester zu besiegen. Deshalb müssen wir sofort handeln.“
„Doch wie soll uns das gelingen?“, erwiderte Camina fragend.
„Wir gehen direkt zu ihr“, antwortete Isira, „und dann sehen wir weiter. Bist Du bereit?“
„Wofür bereit?“, entgegnete Camina noch, doch da hörte sie schon wie Isira einen Zauberspruch aufsagte.
„Kristall der ich Dein Meister bin,
bring mich schnell zu Dorina hin,
so dass ich direkt vor ihr steh
und tief in ihre Augen seh.“
Camina wusste nicht, wie ihr geschah, denn im nächsten Augenblick wurde ihr plötzlich schwindelig, während sie kurz die Augen schloss. Eine Sekunde später war es aber auch schon wieder vorbei und sie stand ihrer Schwester Dorina Auge in Auge im Thronsaal der Burg gegenüber. Diese war zunächst genauso verblüfft, wie Camina und alle anderen Personen, die sich dort befanden, doch schon erkannte Sabenia, wer da vor ihr Stand.
„Schwesterherz, wie schön Dich zu sehen“, sagte sie in einem scheinbar freundlichen, jedoch in Wirklichkeit gefährlichen Tonfall. „Du hast Dich verändert. Doch wenn Du mich aufhalten willst, dann kommst Du zu spät. Wachen, ergreift sie.“
Da hörte Camina erneut Isira in ihren Gedanken:
„Vertraust Du mir?“
„Ja, das tue ich.“
„Dann erlaube mir bitte, die Kontrolle über Deinen Körper zu übernehmen, denn nur so können wir meine Schwester aufhalten.“
„Wenn es nötig ist, um Dorina zu retten, dann hast Du meine Erlaubnis.“
Und noch ehe sie Begriff was geschah, drehte sie sich um, nahm ein Messer vom Tisch, der hinter ihr stand und schnitt sich in den Finger. Diesen presste sie sogleich auf den weißen Kristall, so dass sich ihr Blut mit diesem verbinden konnte und noch ehe die Wachen oder Sabenia es verhindern konnten, drückte sie ihren Finger auch auf den schwarzen Kristall, der Dorina um den Hals hing. Ihr Blut berührte dabei auch diesen Kristall und kaum hatte sie ihren Finger weggezogen, als auch schon Funken aus dem schwarzen Kristall sprühten, die sich in einer Art Blitz mit dem weißen Kristall verbanden.
„Nein, nein, was hast Du getan?“, hörte sie Sabenias Stimme entsetzt kreischen, ehe sie verstummte und Dorinas Körper ohnmächtig zusammenbrach.
„Leb wohl, Camina“, vernahm sie Isiras Stimme in ihrem Kopf. „Es ist vorbei.“ „Aber wie konnte das geschehen“, fragte sie in Gedanken zurück. „Die Liebe zu Deiner Schwester hat Sabenias Zauber besiegt und durch Dein Blut und den weißen Kristall wurde sie übertragen. Damit ist auch meine Aufgabe beendet und auch ich kann endlich in eine Welt gehen, in der ich meine geliebte Schwester von früher wiedersehe. Ich danke Dir.“
„Ich danke Dir,“ antwortete Camina, doch Isira war bereits fort und Camina war mit ihren Gedanken wieder allein.
Das alles war so schnell gegangen, dass noch niemand in dem großen Thronsaal begriffen hatte, was eigentlich geschehen war. Sabenias Zauber war verschwunden und alle Anwesenden sahen sich verwundert an, als hätten sie gerade einen bösen Traum gehabt. Da erwachte Dorina aus ihrer Ohnmacht und Camina zog sie an sich und schloss sie in ihre Arme.
„Was ist geschehen?“, fragte Dorina, noch sichtlich mitgenommen. „Ich habe mich gefühlt, als wäre ich in meinem eigenen Körper eingesperrt.“ „So ungefähr ist es auch gewesen“, erklärte ihr ihre Schwester. „Mit dem schwarzen Kristall hast Du völlig unbewusst eine verbitterte, alte Hexe in Deinen Geist und Deinen Körper gelassen, aber mit der Hilfe einer guten Hexe konnte ich diese besiegen und nun bist Du wieder frei.“
„Danke Camina, das werde ich Dir nie vergessen“, erwiderte Dorina aus ganzem Herzen und als sie den schwarzen Kristall berührte, zerfiel dieser augenblicklich zu Staub. Auch Camina berührte nun ihren Kristall, jedoch nicht ohne dabei noch einmal an Sabenia zu denken und als auch dieser zerfiel, blieben zwei große, reine Diamanten zurück. „Danke Sabenia“, dachte Camina noch einmal und war einfach nur froh und glücklich, dass alles noch einmal gut ausgegangen war.
*
„Ich muss schon sagen, das ist eine sehr abenteuerliche und eigentlich unglaubliche Geschichte, die Du mir da erzählt hast, Camina“, sagte der König. „Allerdings ist die Geschichte der beiden Schwestern und von dem Unglück auf der Insel in meinem Königreich bekannt, auch wenn sie schon so alt ist, dass kaum jemand noch daran geglaubt hat, dass sie wahr sein könnte. Nach allem, was jedoch geschehen ist und woran sich meine Untertanen und ich mich erinnern können, sprichst Du ganz offensichtlich die Wahrheit.“
Camina und Dorina standen etwas schüchtern und verloren vor dem König, den man aus dem Kerker befreit hatte und der nun wieder auf seinem Thron saß. „Als Dank dafür, dass Du mein Königreich und mich von dieser bösen Hexe befreit hast, werde ich Dich reich belohnen und für Dich und Deine Familie wird an meinem Hof immer ein Platz sein.“
„Vielen Dank Majestät“, erwiderte Camina, „doch wir würden gerne auf unseren Hof zurückkehren, denn dort ist unsere Heimat.“
„Dann werde ich euch diesen Hof kaufen, so dass ihr nie mehr eine Pacht zahlen müsst und alles, was ihr dort erwirtschaftet, gehört von nun an euch. Solltet ihr jedoch irgendwann Probleme bekommen, dürft ihr jederzeit zu mir kommen und ich werde euch helfen so gut ich kann.“
So machten sich die beiden Schwestern auf den weiten Weg nach Hause, sicher begleitet von einigen Soldaten des Königs, und konnten ihre Eltern schließlich wieder glücklich in die Arme schließen. Von nun an lebten sie dort glücklich und zufrieden und kehren jedes Jahr an ihrem Geburtstag zurück zu der Höhle, in der ihr Abenteuer begann.
ENDE
© 2023 Guido Lehmann / Geschichten-fuer-Kinder.de
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